BUGA29 Orangerie Schloss Stolzenfels bei Koblenz

Nichtoffener Realisierungswettbewerb mit Ideenteil, Anerkennung

Standort: Rhenser Straße, Stolzenfels
Auslober:in: Land Rheinland-Pfalz
Größe: ca. 700 m² BGF
Nutzung: Orangerie, Ausstellung, Veranstaltung, Verwaltung
Fachplaner: Blumer Lehmann, bloomimages

Unser Entwurf verbindet die filigrane Struktur (neo-) gotischer Decken, wie sie in der Kapelle und dem Schloss anzutreffen ist mit den Erfordernissen einer Orangerie. Die Hölzerne Struktur aus Baumstützen und Spitzbögen nimmt Bezug auf die Bäume, welche in der neuen Orangerie beherbergt werden. Sechs Baumstützen sind auf der Struktur des vorhandenen Parkhaus- Sockel abgelastet und verbinden sich in der Höhe zu einem Kreuzgratgewölbe.

Die Dacheindeckung besteht aus ETFE-Pneus in Anlehnung der leichten Foliendächer, die aus dem Gewächshausbau bekannt sind. Die dreilagigen und bedruckten Pneus erlauben es über die Veränderung des Luftdrucks in den beiden Kammern den Lichteinfall zu regulieren.

Das Regenwasser wird nach Innen in die mehrteiligen Stämme der hölzernen Baumstützen geleitet, wird dort gesammelt und dient der Bewässerung der Pflanzen. Auch in der Aufsicht vom Schloss aus ist die vegetabile Struktur des Daches sichtbar.

Die Stämme der Baumstützen leiten neben dem Regenwasser die Luft für die Kissen und den Strom unter das Dach der Orangerie.

Die Pfosten der 4-seitig umlaufenden Fassaden spannen vom Boden bis an den äußeren Kranz der Baustützen. Die verzinkten Stahlträger sind rückseitig verstärkt, um die Windlasten aufzunehmen. Im Sinne des Zirkulären Bauens dienen als Verglasung wiederverwendete Glasscheiben aus rückgebauten Fenstern und Fassaden aus der Umgebung. Die reduzierten bauphysikalischen Anforderungen an die Hülle orientieren sich am Gewächshausbau und erlauben dies. Die unterschiedlichen Formate der einlagigen Scheiben und ihre Färbung werden dabei zum Gestaltungsmittel mit horizontal versetzten Fugen und überlappenden Scheiben. Auch dies ist eine Technik aus dem Gewächshausbau (Corbusier Kloster La Tourette). Zu- und Abluftklappen am oberen und unteren Ende der Verglasung sorgen für die notwendige Belüftung der Orangerie.

In der Eingangsfassade nach Süden sind Photovoltaik-Zellen in die Verglasung integriert.

Nachts werden die Baumstützen von unten beleuchtet. Stützen und Dach reflektieren das Licht auf die eingestellten Bäume. Das Tragwerk öffnet sich zu allen vier Seiten, sodass Stützen und Bäume nachts frei auf dem Sockel zu stehen scheinen.

Auf der Südseite wird der Raum durch ein großes zweiflügeliges Tor erschlossen, welches das Einbringen der Bäume erlaubt und bei Veranstaltungen die Besucher willkommen heißt. Wie bei einer alten Kirche ist für die Wintermonate in das Tor eine Schlupftür eingesetzt.

Das zentrale Kreuzgewölbe bietet ausreichend Platz für Veranstaltungen und erzeugt eine feierliche Stimmung. Nebenräume sind am nördlichen Ende als hölzernes Volumen eingestellt. Wie der Sockel wird auch dieses eingestellte Volumen grafitfarben gestrichen, um vor allem die Pflanzen zur Wirkung zu bringen.

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema des GebäudeEntwurfs.  Die Verwendung von gut verfügbarem heimischen Brettschichtholz als Haupttragelement, reduziert den CO2-Footprint der Tragkonstruktion auf ein Minimum.  Die eingestellten Nutzräume sind ebenfalls aus Holz konstruiert. Aufgrund der relativ leichten Konstruktion sollen die Bestandsfundamente weitergenutzt werden.  Die Eindeckung der Orangerie mit ETFE-Folienkissen bedeutet für ein so großes Dach einen minimalen Materialeinsatz. Benötigte Energie für die Kissen und die Beleuchtung deckt das Haus selbst über die eigene PV-Anlage.  Durch die innenliegende Dachentwässerung wird das Regenwasser gesammelt und zur Bewässerung der Pflanzen verwendet. Die filigrane Grundstruktur der Fassaden ist im Sinne einer Wiederverwendbarkeit aus geschraubten und standardisierten Stahlprofilen erstellt.  Das eigentliche Hauptmaterial der Fassaden, die Glasscheiben, sind bereits ein wiederverwendetes Material und damit ein prägnantes und zukunftweisendes Beispiel für Zirkularität in der Architektur.  Die Klimatisierung erfolgt – wie bei Gewächshäusern üblich – maßgeblich über eine automatisierte Steuerung der Belüftung.