Neugestaltung Dach Schwimmdock 10, Hamburg

Eingeladener Architekturwettbewerb

Standort: Elbe, Hamburg
Auslober: Lürssen Werft GmbH & Co.KG
Größe: ~31.000 m² Fassadenfläche
Nutzung: Industrie, Kultur
Fachplaner: Anthony McCall, Cameron MacAllister Group, Wetzel & von Seht, , bloomimages, D.L.T. Membranes, Kirchner Stahlbau

Die Schönheit der Arbeit, die Schönheit des Werkes…

Ein neues Haus am Strom

Nicht nur die Seefahrt selbst, sondern natürlich auch der mit ihr verbundene Schiffsbau prägt seit Jahrhunderten die Kultur und das Bild unserer Stadt.  In kaum einer anderen Hafenstadt ist die Schiffahrt derart präsent. Der Elbstrom bietet eine klare Kante, an der entlang sich Stadt und Hafen frontal gegenüberliegen.

Wie auf den Stufen einer Tribüne stehen die Häuser der Stadt am Elbhang, von wo man nach Süden auf das Wasser und die Schiffe blickt. Wenn einen der Weg von Norden kommend aus dem Gewebe der Stadt hinaus in den Raum des Stromes entlässt, begegnet man den Schiffen, die mit Ihrer Größe und Schönheit seit Jahrhunderten die Boten sind, welche die Stadt mit der übrigen Welt verbinden – auch schon zu einer Zeit, als die Hamburger noch davon überzeugt waren, dass die Erde eine Scheibe ist.

Für jeden der hier geboren ist, oder schon lange hier lebt, ist dieser Blick Teil seines Lebens und seiner Gewohnheit.

Für jemanden der nicht aus Hamburg kommt, ist dieser Anblick, ohne das es ihm unbedingt bewusst ist, vermutlich der eigentliche Grund warum er gekommen ist und der ihm für immer im Gedächtnis haften bleibt.

Das Bild

Schon seit je her bietet der Hafen und die Werften ein Bild von scheinbar chaotischer Betriebsamkeit. Die Organisation des Hafengeländes folgt jedoch im höchsten Maße der strengen Gesetzmäßigkeit von Logistik und Ökonomie. Das Bild, welches sich dem Beobachter von der anderen Seite des Stromes bietet, ist Ausdruck dieser Gesetzmäßigkeiten. Ästhetische Regel, wie wir Sie in der Stadt anwenden, die das Verhältnis zwischen Objekt, Raum und Betrachter zum Gegenstand haben, finden hier keine Anwendung.

Wie in einem „Wimmelbild“ versucht der Beobachter einzelne Objekte, wie Schiffe, Kräne, Container, Bauten oder Kaikanten aus dem sich darbietenden optischen Sammelsurium herauszudestillieren und zu erfassen. Eine Beschäftigung, welche ihren eigenen Reiz hat, wie die Betrachtung von Wellen auf dem Wasser oder den züngelnden Flammen eines Kaminfeuers.

 Show Case: das Schaufenster

Die neue Einhausung ist weniger ein Haus denn ein Gehäuse. Es geht nicht um das Haus als Architektur, vielmehr feiert der neue Bau seinen Inhalt, das Schiff und den Schiffsbau als Bild und Keimzelle der Kultur und des Wohlstandes dieser Stadt.

Die Aufgabe bietet ihre Chance darin, eines der vielen Objekte aus dem verwirrenden Anblick des Hafens herauszulösen und erkennbar werden zu lassen. Gleich der neuesten Kreation der Haute Couture die, gut beleuchtet und optisch aus Ihrem Kontext hervorgehoben in einem Schaufenster gezeigt wird, schlagen wir vor, die Werke der Lürssenwerft, den Augen der Betrachter im höchsten Maße zugänglich zu machen und sie zu inszenieren.

In diesem Sinne schlagen wir vor, die Nordfassade der neuen Einhausung im hohen Maße transparent zu gestalten.

Die neue Einhausung wird somit das Schaufenster, nicht nur der Lürssenwerft, sondern des ganzen Hafens. Das Schiff wird zur Ikone für die Schönheit der Arbeit und des Werkes der Schiffsbauindustrie und somit Sinnbild und Identifikationspunkt für die ganze Stadt.

„Hide and see“

Den Inhalt des Docks zu zeigen, anstatt ihn zu verhüllen erscheint uns naheliegend.

Das die Kunden der Werft hohe Anforderungen an Diskretion und Vertraulichkeit stellen macht die Sache umso interessanter.

In der Praxis werden insbesondere die Megajachten auf Wunsch der Auftraggeber auch innerhalb des geschlossenen Docks nochmal zusätzlich eingepackt. Diese Verhüllung dient zum einen dazu die Arbeitstemperaturen im und am Schiff konstant halten, andererseits aber eben auch der Diskretion. So liegen die Schiffe zum Teil verpackt und getarnt wie ein Erlkönig in ihrem Dock.

Diese Verschleierung stellt einen zusätzlichen Reiz im Auge des Betrachters dar: Die Überlagerung vom Bild des Schiffes mit dem Vordergrund der Fassade verfremdet das Bild des Schiffes und mach dieses so zusätzlich interessant.

Die Nordfassade

Wie ein großes Schaufenster gibt die Nordfassade den Blick vom Fluss und der Stadt in das Innere des Docks auf das Schiff frei.

Um diese Transparenz zu erreichen ist die Haut aus 64 ETFE-Pneus konstruiert, die über die ganze Höhe der Fassade spannen. Diese luftgefüllten „Kissen“ kennt man zum einem aus dem Gewächshausbau, aber auch von Gebäuden wie der Münchner „Allianz Arena“ oder  dem „Eden Projekt“ eine großen Gewächshaus im englischen Cornwall des britischen Architekten Nicolas Grimshaw. In Hamburg ist die Überdachung des Busbahnhofes in Barmbek der Architekten Mory Osterwalder Vielmo, ein gelungenes Beispiel für den Einsatz von ETFE.

Die Bedruckung der nur 0,2mm dünnen, transparenten Folien mit einem Punktraster erlaubt es, sowohl den Grad der Durchsichtigkeit als auch die Führung des Lichtes präzise zu steuern.

Durch die „Aufrasterung“ des Bildes verbessert sich erstaunlicherweise die Durchsichtigkeit der Folie.

Durch den Einsatz von drei Kissenlagen kann die Durchsichtigkeit zusätzlich variiert werden.

Die Luftversorgung der Pneus wird am Fußpunkt organisiert, wo sich dies leicht warten lässt.

Tageslicht

Wenn man das Innere des Docks sichtbar machen möchte, ist neben der Transparenz der Fassade die eigentliche Herausforderung die Lichtführung: Fast den ganzen Tag hindurch liegt das Dock im Gegenlicht.

Wenn die Nordseite des Schiffes nicht gut beleuchtet wird, würde es auch hinter einer noch so transparenten Fassade kaum erkennbar sein.

Dazu sind auf den nördlichen Hälften der Dachelemente ebenfalls ETFE- Pneus eingesetzt.

Die untere Folie dieser Kissen ist milchig weis und strahlt so das direkte Sonnenlicht, wie auch das zenitale Licht diffus in den Innenraum des Docks ab und funktioniert wie eine Art „Lichtdusche“ für die nördliche Seite des Schiffes.

Die oberen beiden Folienlagen der Pneus sind mit komplementären Bedruckungen versehen, die es erlauben, durch Überlagerung im Hochsommer den Lichteinfall zu reduzieren, um so den sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten.

Kunstlicht

Neben der erforderlichen Beleuchtung der Arbeitsplätze im Dock von 300 lux bieten sich bei Nacht verschiede Inszenierungen für das Schiff im Dock an. Diese wird nun wie auf einer Theaterbühne oder wie ein Mannequin in einem Schaufenster gut erkennbar:

Das Schiff selbst von der Nordfassade aus direkt von oben, unten oder der Seite aus anzustrahlen, um so seine Plastizität zu betonen oder aber auch zu verfremden, ist naheliegend jedoch vielleicht nicht immer gewünscht.

Die südliche Rückwand zu beleuchten lässt das Schiff als dunkle Silhouette vor einem hellen Hintergrund erscheinen. Bei dieser Beleuchtung erscheint aus unserer Sicht die Verwendung von farbigem Licht unter gewissen Bedingungen denkbar um verschiedene Stimmungen zu erzeugen (z.B. rot zu Weihnachtszeit, Gelb als CI-Farbe der Lürssenwerft etc.).

Eine weitere Lichtszene ist die Projektion der Schiffsilhouette auf die Nordfassade. Diese Beleuchtung hat das künstlerische Potential durch Verzerrungen und anamorphotische Effekte den eigentlichen Umriss des Schiffes zu verschleiern und zu überlagern.

Durch eine Beleuchtung vertikal von oben und/oder unten der Bedruckung in der Nordfassade wird diese hell und reduziert die Durchsicht in das Innere des Docks.

Bei der Auswahl und Stärke der Beleuchtungsmittel muss zum einen der Größe des Raumes, aber vor allem guten Arbeitsbedingungen im Dock Rechnung getragen werden.

Farben

Die Farben der neuen Einhausung unterstützen die oben beschriebenen Sichtbeziehung in das Innere des Docks. Im Inneren der Einhausung sind sowohl die Fassadenelemente, wie auch der Stahlbau in RAL 70 35 Lichtgrau. Dieses bildet sowohl zum Verkehrsweiß der Superjachten (RAL 9016) und dem Militärgrau der Marineschiffe (RAL 7000) ausreichend Kontrast und die Schiffe im Innenraum des Docks sind gut sichtbar.

Das Äußere der Einhausung muss zum einen Aufheizung im Sommer verhindern zum anderen jedoch so dunkel als möglich sein, um einen klaren Kontrast zum Inneren zu bilden und diesen hervorleuchten zu lassen.

Unser Vorschlag ist es, den hellgelben CI-Farbton der Lürssenwerft durch einen neutraleren Farbton zu ersetzen, da das Dock insbesondere für den nichtkundigen Betrachter stellvertretend für den gesamte Hamburger Hafen und den Schiffsbau der Stadt stehen wird.

 Kunst

Die Kunst, die wir feien, ist die Kunst des Schiffsbaus. Aber nicht immer herrscht Betrieb im Dock und manchmal liegt nicht einmal ein Schiff darin.

Für diese Zeit hat der Britische Künstler Anthony McCall, der den Hamburgern durch seine Installation „Crossing the Elbe“ aus 2013 bekannt ist, eine Arbeit entwickelt die er „Ship riding a swell“ nennt.

Ein Raster von LED-Punkten wird auf der Nordfassade aufgespannt. Über diese Fläche gleitet eine Linie aus LED-Punkten, welche die spezifische Bewegung eines Schiffes nachzeichnet, welches sich durch eine Dünung bewegt.

Idealerweise ersetzt dieses Kunstwerk die heutige blaue Beleuchtung auf dem Dock und den angrenzenden Kränen.

Die Konstruktion

Die Beschäftigung mit der Konstruktion insbesondere der Einhausung des Schwimmdocks in Bremen haben gezeigt, dass diese bereits hocheffizient und funktional ist, insbesondere vor dem Hintergrund der sehr besonderen Randbedingungen. Einerseits stellt die Lasteinleitung in das bestehende, in sich „weiche“ Dock Voraussetzungen dar, die das vorgegebene Konzept mit seien 7,50 cm Stützabständen sinnvoll erscheinen lassen. Andererseits sind alle vier Außenwände und das Dach separat und einzeln dem Wind ausgesetzt. Zudem müssen das Dach und die beiden kurzen Seiten demontabel sein und dürfen bestimmte Kranlasten nicht überschreiten.

Die äußere Form des Volumens

Die schlüssig ausgebildet, konische Form der Nord und Südfassade des ursprünglichen Vorschlags bringt einen optischen Nebeneffekt mit sich den es zu diskutieren gilt: Durch die „geböschten“ Außenwände verliert das Volumen seien Leichtigkeit und mutet in gewisser Weise „archaisch“ an.

Im Süden in Richtung des Werftgelände wird die Gebäudehülle auf der Innenseite des Tragwerks montiert. Auf der Nordseite werden die Konischen Stützverbände durch parallele Leitern ersetzt.

Ungeachtet dessen erscheint die Ausbildung der Stirnfassade additiv.

Dies kann leicht in ein klar geschnittenes Gesamtvolumen integriert werden in dem z.B. das letzte Dachelement in zwei Hälften zu je 3,75m breite ausgebildet wird und die eine Hälfte nach der Montage der Fassade eingesetzt wird.

So entsteht ein klar geschnittenes Volumen mit einem leichten Satteldach.

Die hoch liegenden Lichtbänder, verstärken gezielte ein Gefühl der radikalen Verhüllung des Inhaltes und wirken dadurch abweisend.

 Das Tragwerk

Somit basiert unser Vorschlag für das Tragwerk in den wesentlichen Teilen des vorgegebenen Models und seiner Konstruktionsweise. Die angegebenen Kosten basieren auf der Massen- und Kostenschätzung von Kirchner Stahlbau, die sowohl die Einhausung in Bremen gebaut haben und den Vorschlag und die Kostenschätzung für Einhausung des Dock 10 daraus abgeleitet haben.

Eine Besonderheit in diesem Sinne stellt lediglich die Ausbildung des Tragwerkes der Westfassade dar:

Der konisch zulaufende Kragarm wurde durch eine parallele Leiterkonstruktion mit diagonalen Zugverbänden ersetzt. Um den Raum für die durchlaufende ETFE-Pneus zu schaffen werden die Leiten untereinander nur auf der Inneren Seite durch Druckstäbe verbunden und die Außenseite durch Zugdiagonalen gegen ausbeulen gesichert. Dieses setzt voraus, dass die beiden äußersten Felder der Fassade steif ausgekreuzt werden.

 Das Dach

Die Dachelemente werde mit den beiden Kränen auf der Westfassade eingehoben und mit jeweils zwei Kranträgern nach Osten verfahren.  Dort sind drei Elemente fix eingebaut, für den Fall das Schiffe im Dock bearbeitet werden, die höher als das Dach sind.

Die Untersuchungen alternativer Dachformen wie z.B. ein Sheddach haben gezeigt wie effizient das leichte Satteldach ist, weil es nicht nur den Momentenverlauf in der Konstruktion entgegenkommt, sondern auch bei der Entwässerung und insbesondere der Frage der Schneelasten die beste Lösung bietet.

Durch den Einsatz der ETF- Pneus auf den Nordseiten, werden die einzelnen Elemente zusätzlich geringfügig leichter.  Der Anschluss der Luftzuführung für die Pneus werden im Zuge der Windsicherung der Dachelemente am nördlichen Fußpunkt angeschlossen.

 Die Hülle

Wie im bestehenden Konzept wird der überwiegende Teil der Einhausung mit 6cm starken Sandwischpaneelen mit PU-Füllung hergestellt, wie sie aus dem Industriellen Hallenbau bekannt und geläufig sind. Lediglich die Nordfassade und die ETFE- Kissen in der Dachfläche bilden hierbei eine Ausnahme. Die Verbindungen werden wie im Bremer Dock mit LKW-Planen und den entsprechenden Verbindern sowie im Dach mit zusätzlichen Velcro-Klettbändern hergestellt.

Klima, Akustik

Die Randbedingungen für die Gebäudehülle sind es im Winter Frostfreiheit im Inneren zu ermöglichen und im Sommer die Aufheizung so gering wie möglich zu halten.

In diesem Zusammenhang kann die Nordfassade überhaupt nur auf Grund Ihrer Ausrichtung transparent ausgebildet werden. Lediglich im Hochsommer steht die Sonne soweit im Westen, dass die Fassade für eine kurze Zeit von vorne beschienen wird. Dann glitzern die Folien der rundlich gebauchten ETFE- Kissen im Sonnenlicht.

Im Winter bieten die mehrlagigen Kissen ausreichend Isolation um die Frostfreiheit im Innern zu gewährleisten. Trotz hoher Lichttransparenz ist das Schallschutzverhalten der Kissen durch die komprimierte Luft nennenswert.

Brandschutz

Die RWA -Elemente sind im Kopfpunkt der Südfassade integriert. Zusätzlich befinden sich öffenbare Elemente im Dach.

Die beiden geforderten Fluchtwege müssen im Detail betrachtet werden insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Art der Türen auf diese Wege führen, ohne die erforderlichen Breiten einzuschränken.

Entlang der Südfassade erfordert die Ausbildung des Fluchtweges, dass die erforderlichen Einbauten wie Büro- und WC-Container, die Leitzentrale und die Aggregate für Lüftung und Heizung auf ein darüber liegendes Niveau gelegt werden müssen.

Werbung

Die Werbebanner an der Außenseite des Docks 10 mit unterschiedlichen Botschaften sind ein fester Bestandteil der Bilderwelt des Hamburger Hafens und sollten im Zusammenhang mit der neuen Einhausung neu überdacht werden. Durch die neue Einhausung erfährt die Fläche eine derartige Aufwertung das neben der rein kommerziellen Nutzung z.B. Kunstprojekte vorstellbar und sinnvoll werden.